Turbit Podcast, Folge #3: KI trifft Versicherung - Neue Wege zur Risikominimierung in der Windenergie mit Nino Göhmann
- Patrícia Midori Junginger
- 29. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Durch die Erschließung des ungenutzten Potenzials von KI und Versicherungspartnerschaften schaffen Turbit und HDI Global neue Modelle für das Risikomanagement im Betrieb von Windparks.
In der dritten Folge des Turbit Podcasts diskutiert Michael Tegtmeier, CEO und Gründer von Turbit, mit Nino Göhmann von HDI Global, einem der führenden Industrieversicherer Deutschlands, wie KI und Versicherungen zusammenkommen, um Risiken im Betrieb von Windenergieanlagen zu minimieren. Ihr Gespräch beleuchtet die Entwicklung der Windenergieversicherung, erklärt aktuelle Herausforderungen in der Branche und stellt Turbit Blue vor, eine wegweisende Lösung, die KI-Überwachung mit spezialisiertem Versicherungsschutz kombiniert.
Die Entwicklung der Windenergieversicherung
Nino bringt über zwei Jahrzehnte Erfahrung in der Versicherungsbranche in das Gespräch ein. Wie er erklärt, hat der Windenergie-Sektor bedeutende Veränderungen in seinem Ansatz zum Risikomanagement durchlaufen.
In den Anfängen der kommerziellen Windenergie (vor etwa 30-35 Jahren) wurden Windturbinen wie jede andere Maschine behandelt; sie wurden einfach gegen externe Ereignisse wie Naturgefahren, Diebstahl und Vandalismus versichert. Mit zunehmender Größe und Komplexität der Turbinen entstand jedoch ein neues Modell.
Der Wendepunkt kam, als viele Versicherer aufgrund steigender Schadenraten und Ansprüche aus dem Windsektor ausstiegen. Dies schuf eine Marktlücke, die Hersteller, insbesondere Enercon, mit der Entwicklung von Wartungsverträgen füllten, die im Wesentlichen das technische Risiko von Versicherern auf die Hersteller übertrugen.
Diese Vollwartungsverträge (Full Service Agreements, FSAs) wurden zum Branchenstandard, machten Windprojekte finanziell tragfähiger und trieben das Wachstum des Sektors voran, insbesondere in Kombination mit Einspeisevergütungen, die stabile Strompreise garantierten.
Das Problem mit modernen Vollwartungsverträgen
Wie Nino erklärt, haben moderne Windkraftanlagen exponentiell an Größe und Komplexität zugenommen. Während eine 2,3-MW-Turbine in der Vergangenheit etwa 3 Millionen Euro gekostet haben könnte, können heutige 6-7-MW-Turbinen 12-13 Millionen Euro kosten. Diese dramatische Skalierung hat neue Herausforderungen geschaffen:
Haftungsbeschränkungen: Aufgrund von Wettbewerbsdruck und höheren Komponentenkosten haben Hersteller ihre Haftung in Vollwartungsverträgen systematisch begrenzt. Was als einfache Vereinbarungen (5-6 Seiten) begann, hat sich zu komplexen 180-seitigen Dokumenten mit zahlreichen Ausschlüssen entwickelt.
Kontrollverlust: Betreiber geben erhebliche Kontrolle über ihre Anlagen ab und haben oft wenig Transparenz darüber, was mit ihren Turbinen geschieht.
Deckungslücken: Viele FSAs enthalten jetzt entweder monetäre Obergrenzen (zum Beispiel 1 Million Euro maximale Haftung) oder punktebasierte Systeme mit begrenzter Deckung.
Längere Ausfallzeiten: Lieferkettenprobleme haben die Reparaturzeiten dramatisch verlängert, wobei einige Komponenten 15-18 Monate für den Ersatz benötigen, was weit über die typische 12-monatige Betriebsunterbrechungsdeckung hinausgeht.
Nino stellt fest, dass Hersteller diese Änderungen vornehmen mussten, um wirtschaftlich überlebensfähig zu bleiben, aber das Ergebnis ist, dass Windparkbetreiber erhebliche unversicherte Risiken tragen.
Turbit Blue: Ein neuer Ansatz für das Risikomanagement von Windturbinen
Diese Deckungslücke führte zur Zusammenarbeit zwischen Turbit und HDI Global, die Turbit Blue schufen, eine Lösung, die Michael als "KI plus Software plus Versicherung" beschreibt.
Das Kernkonzept ist elegant einfach: Durch die Erkennung potenzieller Probleme, bevor sie größere Schäden verursachen, ermöglicht Turbits KI-Monitoring den Herstellern, Probleme im Rahmen ihrer normalen Wartungsaktivitäten zu beheben. Dies verhindert, dass kleine Probleme (wie ein nicht angeschlossener Kühllüfter oder eine fehlende Schraube) zu katastrophalen Ausfällen eskalieren, die die Haftungsgrenzen überschreiten würden.
Hier ein konkretes Beispiel: Ein größerer Getriebeschaden könnte 500.000 Euro kosten, aber die Haftung des Herstellers könnte auf 100.000 Euro begrenzt sein, was den Betreiber den verbleibenden 400.000 Euro plus potenziell 18 Monate Betriebsunterbrechungsverluste aussetzt.
Mit Turbit Blue können diese Szenarien oft vollständig vermieden werden, weil:
Die KI frühzeitig Anomalien erkennt und deren spezifische Ursache vorhersagt
Das Problem vom technischen Team von Turbit verifiziert wird
Der Hersteller mit konkreten Informationen über das potenzielle Problem benachrichtigt wird
Die Reparatur während der normalen Wartung durchgeführt wird, oft zu minimalen Kosten
Der größere Schaden nie eintritt
Für die Fälle, in denen trotz präventiver Maßnahmen ein Schaden auftritt, deckt die Versicherung von HDI die Lücken in der Herstellerhaftung.
Vorteile für alle Beteiligten
Was Turbit Blue besonders überzeugend macht, ist, dass alle Parteien davon profitieren:
Für Windparkbetreiber:
Größere Transparenz über den Zustand der Turbinen
Reduziertes Risiko von katastrophalen Ausfällen
Deckung für Haftungslücken in Wartungsverträgen
Verlängerte Lebensdauer der Turbinen
Reduzierte Betriebskosten
Für Hersteller:
Möglichkeit, Probleme zu beheben, bevor sie zu größeren Garantieansprüchen werden
Effizienterer Einsatz von Servicepersonal
Erhaltung der Rentabilität von Wartungsverträgen
Besseres Verständnis der Leistung ihrer Turbinen
Für Versicherer:
Reduzierte Häufigkeit und Schwere von Ansprüchen
Bessere Risikobewertungsfähigkeiten
Datengestützte Einblicke in die Leistung von Windturbinen
Neue Prämienströme
Selbst Banken und Investoren profitieren vom reduzierten Risikoprofil der versicherten Anlagen.
Blick in die Zukunft
Sowohl Michael als auch Nino glauben, dass sich die Branche an einem Wendepunkt befindet. Nino prognostiziert, dass Technologien wie Turbits KI-Überwachung schließlich als wesentliche Sicherheitseinrichtungen anerkannt werden und möglicherweise für die Versicherbarkeit erforderlich sein könnten.
Da Turbinen größer und komplexer werden und die Branche vor Herausforderungen wie Fachkräftemangel und Lieferkettenverzögerungen steht, werden Lösungen, die sowohl Risikominderung als auch Transparenz bieten, immer wichtiger.
Am bedeutendsten ist, dass die Zusammenarbeit einen Wandel von einem konfrontativen Branchenmodell (in dem Betreiber, Hersteller und Versicherer oft gegeneinander arbeiteten) zu einem kooperativen Ansatz darstellt, bei dem Datentransparenz und frühzeitiges Eingreifen allen zugutekommen.
Die Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Windenergie
Turbit Blue macht Windenergie wirtschaftlich tragfähiger, indem unvorhergesehene Kosten und Risiken reduziert werden. Durch die Kombination der Versicherungskompetenz von HDI mit der KI-Technologie von Turbit schafft die Partnerschaft ein stabileres Betriebsmodell für Windparks.
Wie Michael anmerkt, geht es nicht nur darum, die Versicherung günstiger zu machen, sondern grundlegend das Risiko zu reduzieren und die Verfügbarkeit der Turbinen zu erhöhen, was sich direkt auf die Rentabilität von Windenergieprojekten auswirkt.
In einer Zeit, in der die Branche nach 100% erneuerbarer Energie strebt, sind Innovationen, die die Wirtschaftlichkeit der Windkraft verbessern, unerlässlich. Turbit Blue stellt einen wichtigen Schritt in Richtung dieses Ziels dar, indem es eine der hartnäckigsten Herausforderungen des Sektors angeht: das Risikomanagement in zunehmend komplexen Maschinen.
Hören Sie die vollständige Episode, um eine neue Möglichkeit zur Risikominimierung zu entdecken:
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